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  • hanspeter.suter
  • 21. März
  • 4 Min. Lesezeit

Die Bevölkerung stimmt nicht nur über eine Fusion ab – sondern über den grössten Machttransfer der letzten Jahrzehnte.

Der Fusionsvertrag verlagert zentrale Entscheidungen vom Volk zu nicht gewählten Gremien. Was als Modernisierung verkauft wird, ist in Wahrheit eine Entmachtung der Stimmbürger.

1. Wie der Vertrag demokratische Kontrolle untergräbt

Der Fusionsvertrag führt in entscheidenden Bereichen zu einem deutlichen Verlust an demokratischer Mitbestimmung. Viele Kompetenzen wandern vom Volk zum Gemeinderat – ohne vertragliche Absicherung.

Beispielhafte Auswirkungen:

  • 2025–2028: Eine nicht gewählte Umsetzungskommission entscheidet über Investitionen, Organisation und Personal – ohne Mitwirkung der Bevölkerung.

  • Nur ein Wahlkreis: Kleinere Ortsteile verlieren politische Sichtbarkeit und Einfluss.

  • Kein Schutz für Schulstandorte, Betreuungsangebote oder Infrastruktur: Diese können künftig ohne Volksabstimmung verändert werden.

  • § 10.4 erlaubt der Umsetzungskommission Investitionsentscheide und Aufgaben ohne Budgetbegrenzung (auch ohne vorherige Genehmigung durch eine Gemeindeversammlung).

Eine Fusion bedeutet auch: Die Macht des Stärkeren setzt sich durch. Kommt es zum Investitionswettbewerb, gehen kleinere Randgemeinden oft leer aus – zentrale Lagen profitieren, periphere Ortsteile verlieren an Einfluss und Versorgung.

Zusätzlich brisant: Die Gemeinderäte, die die Fusion initiierten, bestimmen durch eine spezielle Vertragsklausel (§ 10.2) selbst ihre Priorität bei der Besetzung der Umsetzungskommission. Auch wer politisch nicht wiedergewählt wird, bleibt im innersten Machtzirkel.

Am 28. September 2025 findet die Abstimmung über die Fusion statt – unmittelbar vor den Gesamterneuerungswahlen. Wer bis dahin noch im Amt ist, erhält laut Vertrag vorrangigen Zugang zur Kommission – unabhängig von der Wiederwahl. So entsteht ein politisch geschlossener Kreis.


Ein Beispiel: Der Präsident des Leitungsausschusses, Ralf Werder, könnte öffentlich erklären, nicht für die neue Gemeinde kandidieren zu wollen. Sobald der Fusionsentscheid angenommen ist und die Umsetzungskommission gebildet wird, kann er – wie im Vertrag vorgesehen – trotzdem prioritär Mitglied dieser mächtigen Kommission werden. Später könnte er unter Verweis auf das motivierte Umfeld und seine Erfahrung in der Umsetzungskommission doch noch für das Amt des Gemeindeammanns der neuen Gemeinde Surbtal kandidieren. Eine solche Strategie wäre völlig legitim – aber aus demokratischer Sicht hochproblematisch.

Zudem: Gemeinden mit zurückhaltenden Investitionsplänen wie Endingen oder Schneisingen könnten überproportional von unlimitierten Mitteln der Umsetzungskommission profitieren – ohne demokratische Legitimation. Diese Möglichkeit wird im Fusionsvertrag nicht offengelegt.

Was dieser Vertrag für Sie konkret bedeutet:

  • Ihre Kinder könnten in Zukunft in eine andere Gemeinde zur Schule müssen –

    ohne dass Sie je mitentscheiden.

  • Ihr Verein verliert möglicherweise sein Lokal –

    Sie erfahren es erst, wenn es entschieden ist.

  • Gemeinderäte, die Sie nicht (mehr) wählen würden, bleiben trotzdem an der Macht –

    per Vertragsregelung.


Emotionale Themen: Schulen, Vereine, Ortsbürger

Schulen sind das Herzstück jeder Gemeinde. Bisher galt der Grundsatz: Kurze Beine – kurze Wege. Kinder besuchen die Schule im eigenen Ort – Eltern engagieren sich im Schulumfeld, das Vertrauen ist gewachsen.

Doch der Fusionsvertrag garantiert dies nicht:

  • In § 9.7 steht lediglich, dass Schulstandorte „unter Beachtung der kantonalen Richtlinien“ weitergeführt werden.

  • Faktisch entscheidet allein der neue Gemeinderat über Schulschliessungen – nicht mehr die Bevölkerung.

  • Das kantonale Gesetz (SAR 401.100 § 52 Abs. 2) erlaubt dies ausdrücklich – ein Referendum ist nicht vorgesehen.


Auch Tagesstrukturen, Vereinslokale oder Ortsbürgerbelange sind nicht abgesichert.

  • Vereinsräume wie das Schützenhaus? Kein Schutz im Vertrag.

  • Die automatische Zwangszusammenlegung der Ortsbürgergemeinden (§ 6)? Keine separate Abstimmung.

➡ Diese Themen berühren das soziale und kulturelle Leben direkt – und gerade hier fehlt die Mitsprache vollständig.

.

Warum so viel Eile?

Am 28. September 2025 findet die Volksabstimmung über den Fusionsvertrag statt – kurz vor den Gesamterneuerungswahlen aller Gemeinderäte.

➡ Gemeinderäte, die sich nicht mehr der Wiederwahl stellen wollen oder Angst vor Abwahl haben, können durch Annahme des Vertrags trotzdem in die Umsetzungskommission einziehen – sofern sie am Tag der Abstimmung noch im Amt sind (§ 10.2 Fusionsvertrag).

Das bedeutet: Auch abgewählte Politiker behalten entscheidende Machtpositionen.

Der enge Zeitplan scheint bewusst gewählt worden zu sein – um diese automatische Machtabsicherung zu ermöglichen.

Wer entscheidet in Zukunft – und wo dürfen Sie noch mitreden?

Bereich

Wer entscheidet?

Mitsprache der Bevölkerung?

Investitionen (< Schwelle)

Gemeinderat

Keine direkte Mitsprache

Investitionen (> Schwelle)

Gemeindeversammlung

Ja – mit Referendumsmöglichkeit

Schulstandorte

Gemeinderat (§ 52 SchulG AG)

Nein – keine Volksabstimmung vorgesehen

Tagesstrukturen

Gemeinderat

Nein – rein exekutiv

Vereinslokale

Gemeinderat

Keine Mitwirkung oder Schutz vorgesehen

Ortsbürgerregelung

Neue Gemeinde (§ 6 Vertrag)

Keine separate Abstimmung

Hinweis: Die meisten relevanten Entscheide betreffen den Alltag – und entziehen sich jeder Mitbestimmung.

3. Was dürfen Sie künftig noch mitentscheiden?

✅ Zuständig für die Gemeindeversammlung:

  • Budget & Rechnung

  • Reglementsänderungen

  • Grosse Ausgaben (über Schwelle)

❌ Nicht in ihrer Zuständigkeit:

  • Schulstandorte

  • Betreuungsangebote

  • Nutzung öffentlicher Räume

  • Zusammensetzung des Gemeinderats nach Ortsprinzip

➡ Das Referendumsrecht greift nur bei formalen Vorlagen – nicht im Alltag.

Volksabstimmung? Nicht bei Schulen, Vereinen oder Tagesstrukturen

Das Referendum bleibt bestehen – aber es greift nicht bei Schulschliessungen, nicht bei Tagesstrukturen, nicht bei Vereinsräumen.


Fazit: Die demokratischen Rechte bleiben formal – aber sie verlieren ihre Wirkung genau dort, wo sie den Alltag betreffen.

Schlussfolgerung

Dieser Fusionsvertrag ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt für die Demokratie.

  • Wer Bürgernähe will,

  • Wer Schulen und Vereinsinfrastruktur vor Ort erhalten will,

  • Wer echte Mitbestimmung und transparente Prozesse will,

der muss diesem Vertrag eine klare Absage erteilen.


 
 
 

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